Auf dem Bild sind die Urkunden für die Schubart-Preisverleihung 2015 zu sehen.

Schubart-Literaturpreis Preisverleihung 2015

60 Jahre nach seiner Stiftung vergab die Stadt Aalen im Rahmen einer festlichen Matinee am Sonntag, 15. März 2015, den Schubart-Literaturpreis im Gedenken an den großen Sohn der Stadt: Christian Friedrich Daniel Schubart. Zwei Frauen wurden dieses Jahr ausgezeichnet: Katja Petrowskaja erhielt den mit 15.000 Euro dotierten Hauptpreis und Förderpreisträgerin Karen Köhler konnte 5.000 Euro Preisgeld entgegennehmen.

Schubart-Literaturpreisträgerin 2015: Katja Petrowskaja

In dem 2014 im Suhrkamp-Verlag erschienenen Werk, das Katja Petrowskaja im Untertitel „Geschichten“ nennt, folgt sie den Spuren ihrer Urgroßmutter, die 1941 in Kiew von den Nationalsozialisten verschleppt und beim Massaker von Babi Jar ermordert wurde. Die Jury begründet ihre Wahl wie folgt: „Die Autorin begibt sich auf die leidvolle Suche und Erinnerungsfahrt zu den Lebens- und Sterbeorten ihrer verzweigten jüdischen Familie und öffnet den Lesern mit ihrer Recherche einen notwendigen Blick für die Tiefen der osteuropäischen Geschichte.

Petrowskaja steht, obwohl Russisch ihre Muttersprache ist und sie erst mit Mitte zwanzig Deutsch lernte, in einer Literaturtradition, in der sich Deutsches, Slawisches und Jüdisches mischte. Dass sie nach einer Zeit des Aufbruchs in den 1980er Jahren mit Gorbatschows Perestroika nun den Untergang dieser Hoffnungen und eine Rückkehr der Gewalt in ihrer ukrainischen Heimat erleben muss, bestätigt ihre Geschichten. Sie sieht sich nicht als Literatin, obwohl ihre Sprache von einer bestechenden Genauigkeit ist, vielleicht gerade deshalb, weil sie durch den Sprachwechsel bewusst mit ihr umgeht.

Und Katja Petrowskaja misstraut der Fiktion. So schreibt sie nicht den großen Epochenroman einer Familie, sondern schildert in knappen Kapiteln, wie zersplittert, von wenigen Gewissheiten, die es über die individuellen Schicksale ihrer Verwandten noch gibt. Dies macht die Lektüre des Buches so besonders eindringlich. Und prädestiniert Petrowskaja zur Schubart-Literaturpreisträgerin, denn ihr Buch steht in der Tradition des freiheitlichen und aufklärerischen Denkens des Dichters und Journalisten Christian Friedrich Daniel Schubart.

Katja Petrowskaja wurde 1970 in Kiew geboren, studierte Literaturwissenschaft und Slawistik in Tartu (Estland) und promovierte in Moskau. Seit 1999 lebt sie in Berlin. Für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung schreibt sie seit 2011 die Kolumne „Die west-östliche Diva“.

Für die Recherche zu „Vielleicht Esther“ erhielt sie das Grenzgänger-Stipendium der Robert-Bosch-Stiftung und das Stipendium des Künstlerhauses Ahrenshoop. Für die Lesung eines Auszugs aus ihrem Debüt erntete sie in Klagenfurt stürmische Begeisterung und gewann sehr verdient den Hauptpreis beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb 2013. Das 2014 im Suhrkamp-Verlag erschienene Buch wurde inzwischen auch mit dem Aspekte-Literaturpreis und dem Ernst-Toller-Preis ausgezeichnet.

Förderpreisträgerin 2015: Karen Köhler

Die junge Autorin, die eine anerkannte Bühnenautorin ist und lange Jahre auch als Schauspielerin tätig war, wurde von der Jury für ihr Buch „Wir haben Raketen geangelt“ ausgezeichnet. Ein schockierendes, mutiges, aufrührendes, aber auch anrührendes und versöhnliches Werk, wie Auffermann in ihrer Laudatio anmerkt. Die neun Kurzgeschichten seien in ihrer Radikalität und Tragik kaum zu überbieten, dennoch sei „Wir haben Raketen geangelt“ kein trauriges Buch.

Auffermann dankte und gratulierte der Förderpreisstifterin, der Kreissparkasse Ostalb und ihrem Vorstand Carl Trinkl zur Preisträgerin. „Die Kreissparkasse Ostalb hat nun ein Überlebensbuch für ihre Kunden.“

Mit ihrer anschließenden Dankesrede bewies Karen Köhler ihr Sprachgenie und ihren Wortwitz und bedankte sich für die Unterstützung. Das Geld ermögliche ihr, mehr Zeit für das Schreiben zu erübrigen.

„Die neun Geschichten ihres literarischen Debüts beschreiben Empfindungen in extremster Form und handeln vom Unterwegssein zwischen Diesseits und Jenseits“, lobte die Jury den Erzählband „Wir haben Raketen geangelt“. "Karen Köhler gelingt die seltene Balance zwischen absoluter Leichtigkeit und höchster Tragik."

Im Zentrum des im Herbst 2014 im Carl-Hanser-Verlag erschienen Erzählbandes "Wir haben Raketen geangelt" stehen Frauen, vom Leben gebeutelt, ohne Illusionen, fast immer von der Liebe und den Männern enttäuscht. Kummer oder Trauer werfen die Protagonistinnen aus ihrer bisherigen Lebensbahn. Manche finden durch die Kraft der Phantasie einen neuen Weg. Jedenfalls kommt Kapitulation für keine von ihnen in Frage.

Die Kritik lobt die Geschichten, weil sie in kalten Nächten wärmen und „durch rauen Charme und lebhafte Vitalität“ Lesevergnügen bereiten.

Karen Köhler wurde 1976 in Hamburg geboren, verwarf den Wunsch, Kosmonautin zu werden, lernte Fallschirmspringen und studierte Schauspiel an der Hochschule für Musik und Theater in Bern. Nach einigen Jahren in festen Engagements kehrte sie nach Hamburg zurück. Sie schreibt Theaterstücke und Prosa, für die sie mit einigen Auszeichnungen bedacht wurde, darunter mit dem Hamburger Literaturförderpreis, dem Otfried-Preußler-Preis und dem Rauriser Literaturpreis. 

Ihre Theaterstücke und Performances werden auf renommierten Bühnen aufgeführt. Im März 2015 feiern „Ramayna“ in Lüneburg sowie „Deine Helden – Meine Träume“ in den Theatern Aalen, Schwäbisch Hall und Chemnitz Premiere.